Merci à l’abbé Loridon! (1923) Familienforschung Schuh/Liebertz

Erst jüngst schrieb ich auf Facebook „diese Gänsehautmomente, wenn man sich in alten Schriften wälzt, nicht merkt, wie spät es ist und hängen bleibt.“ Zur Erklärung; es waren Eintragungen, bzw. persönliche, handschriftliche Notizen über einen Werner Schuh (1897-1918). Ich entdeckte sie in einem Familienstammbuch und sie ließen mich verweilen und animierten zu weiteren Recherchen. Doch dazu später.

Familienstammbücher vor ihrer Veröffentlichung zu sichten, ist für mich kein ungewöhnlicher Vorgang. Die meisten enthalten ohnehin nur kurz und knapp die wesentlichen Daten zur Hochzeit, häufig Informationen über Eltern und Kinder, Todesfälle ab und an, manchmal auch Taufen. Und da die meisten Fakten auch mit entsprechender Angabe der Personenstandsregister belegt sind, teile ich diese Erkenntnisse sehr gern mit der interessierten Leserschaft. Das hier untersuchte Dokument war jedoch besonders ergiebig gefüllt, mit Freude am Detail geführt und ist es definitiv wert, näher vorgestellt zu werden. In diesem Fall transkribierte ich ein Familienstammbuch, welches im Sommer 1896 in Sinzig-Stadt angelegt wurde. Der wesentliche Inhalt lässt sich wie folgt ordnen und wiedergeben:

Eintragungen im Familien-Stammbuch

Die Eheleute

Am 3. Juli 1896 heirateten in Sinzig-Stadt

  1. der Buchhalter August Felix SCHUH, katholischer Religion, geb. 7. Juli 1870 (morgens 6 Uhr) in Bochum, Sohn der Eheleute Anton SCHUH (Maurer) und Mina BÖNTE und
  2. die Maria Magdalena LIEBERTZ, katholischer Religion, geb. 23. Aug. 1875 zu Ochtendung (Kreis Mayen), Tochter der Eheleute Johann LIEBERTZ (Ackerer) und Josephine SCHMITZ.

Die kirchliche Trauung erfolgte am folgenden Tag, am 4. Juli 1896, in der Pfarrkirche zu Sinzig. Offenbar beruhten die Angaben zum Stand der Väter auf den dürftigen Angaben der Eheleute. So korrigierte der Standesbeamte diese später wie folgt: „Anton SCHUH war Maurermeister und Bauunternehmer, Johann LIEBERTZ war Gerber und Gutsbesitzer“. Zudem wurde unter dem Punkt Gerichtliche Berichtigungen vermerkt: „Gütergemeinschaft ausgeschlossen vor dem Amtsgericht zu Steele am 22. März 1905“.

Die Ehefrau Maria Magdalena SCHUH geborene LIEBERTZ starb am 17. Mai 1946 in Essen. Im Familienstammbuch wurde niedergeschrieben: „Etwa sechs Wochen vor der Goldenen Hochzeit, am 17. Mai 1946, ist unser liebes, gutes Mütterchen, nachdem es ungefähr sechs Jahre lang an Blutkreislaufstörung gelitten hat, nach einem neuen kurzen Anfall, sanft im Herrn entschlafen. Alle ihre vielen, lieben Sorgen und Mühen um unser Wohlergehen hat der Herrgott in sein großes Buch eingeschrieben und wird der Mutter dafür den Dank erweisen, den sie in so reichem Maße verdient hat.“

Ihr Ehemann August Felix SCHUH ist knapp vier Jahre später, am 16. Februar 1950, in Essen verstorben, beide sehr wahrscheinlich in Essen-Kray.

Die Kinder

Der Ehe entstammen mindestens vier Kinder:

  1. Josef Werner SCHUH (Rufname Werner), geb. 4. April 1897, nachm. 12.42 Uhr, zu Hürth, katholisch getauft am 8. April 1897 in der Pfarrkirche zu Hürth. Taufpaten waren Josef LIEBERTZ aus Euskirchen sowie Tante Hedwig SCHUH (später Frau WORTMANN) aus Bochum, letztere in Vertretung der Großmutter Wwe. SCHUH (Mina BÖNTE).
  2. Maria Magdalena Josephine SCHUH (Rufname Magda), geb. 2. November 1899, nachm. 6.44 Uhr, zu Hürth, katholisch getauft am 5. Novbr. 1899 in der Pfarrkirche zu Hürth. Ihre Taufpaten waren Josefine LIEBERTZ (die Großmutter mütterlicherseits, Maria Magdalena Josephine SCHMITZ) und Onkel Josef SCHUH aus Bochum.
  3. Eugenie Antonie SCHUH (Rufname Toni), geb. 15. Mai 1901, nachm. 12.42 Uhr, zu Hürth, katholisch getauft am 19. Mai 1901 in der Pfarrkirche zu Hürth. Tonis Taufpaten waren Tante Antonie HEIDEMANN geb. SCHUH und Onkel Eugen SCHUH aus Bochum.
  4. Hedwig Eugenie Auguste SCHUH (Rufname Hedwig), geb. 5. August 1911, nachm. 7.42 Uhr zu Kray, katholisch getauft am 9. August 1911 in der Pfarrkirche zu Kray. Hedwigs Taufpaten waren eine Auguste HITZEMANN geb. KÜSTER und wieder der Onkel Eugen SCHUH aus Bochum.

Das 1874 in Deutschland eingeführte Reichsimpfgesetz verpflichtete alle Deutschen, ihre Kinder im Alter von einem und zwölf Jahren gegen die Pocken impfen zu lassen. Und die Familie Schuh/Liebertz hielt sich daran. Werner wurde am 23. Octob. 1899 und Magda am 15. Mai 1901 in Hürth von einem Dr. SCHUMACHER geimpft, Toni am 13. Mai 1902 von Dr. ACKER in Düren und Hedwig am 17. Septb. 1912 von Dr. RESSEMANN in Kray.

Die Eltern, Großeltern, Geschwister und Patenkinder des Ehemannes August Felix Schuh

Der Maurermeister und Bauunternehmer Anton SCHUH wurde am 21. Juni 1834, nachmittags um 3 Uhr, im hessischen Ober-Mörlen bei Bad Nauheim im heutigen Wetteraukreis geboren und katholisch getauft. Er starb am 11. März 1883, vormittags um 9 Uhr in Bochum. Mit Blick auf den Todeszeitpunkt wurde angemerkt, dass in der Sterbeurkunde irrtümlich „nachmittags“ angegeben wurde. Er heiratete am 30. Mai 1865 die Wilhelmine BOENTE. Sie wurde am 6. Februar 1845 in Recklinghausen geboren und katholisch getauft. Sie starb am 12. Dezember 1923 in Bochum und war zuletzt Rentnerin. Der Ehe entstammen acht Kinder:

  1. ein die Nottaufe erhaltener Bruder, geboren am 12.04.1866, nachmittags um 1 Uhr und gestorben 1/4 Stunden nach der Geburt.
  2. Wilhelm Anton SCHUH, Rufname Wilhelm, geboren am 23. März 1867, morgens 1 Uhr, gestorben am 8. Mai 1871, morgens 4 3/4 Uhr.
  3. Jacob Hugo SCHUH, Rufname Hugo, geboren am 30. Dezember 1868, morgens 4 Uhr, gestorben am 23. April 1872, nachmittags 6 Uhr.
  4. August Felix SCHUH, geb. 7. Juli 1870 (der Ehemann, siehe oben)
  5. Auguste Elisabeth Antonie SCHUH, Rufname Antonie, geb. 10. August 1872, später verehelichte HEIDEMANN, starb am 7. Januar 1926.
  6. Josef Carl August SCHUH, Rufname Josef, geboren am 19. April 1874
  7. Juliana Hedwig SCHUH, Rufname Hedwig, geboren am 17. Oktober 1876, später verehelichte WORTMANN, gestorben am 10. August 1903, abends 7 Uhr.
  8. Engelbert Eugen SCHUH, Rufname Eugen, geboren am 19. Februar 1879

Vater des Anton war der Maurermeister Jacob SCHUH, katholisch, geboren am 25. September 1797 in Ober-Mörlen, Kreis Friedberg geboren und dort gestorben am 21. Januar 1865. Antons Mutter war die Katharina KÖNIG, katholisch, geboren am 6. April 1800 in Ober-Mörlen. Sie starb dort am 31. März 1864. Wann Jacob und Katharina heirateten ist in der zugrunde liegenden Quelle nicht verzeichnet.

Der Vater von Wilhelmine war der Brauereibesitzer Heinrich Wilhelm BOENTE, katholischer Religion und geboren im Jahr 1806. Der Geburtsort ist nicht angegeben. Er starb am 4. Januar 1877 in Recklinghausen. Mutter von Wilhelmine war die Anna Maria DÖBBELING, katholischer Religion, geboren im Jahr 1812 und gestorben 1847 in Recklinghausen.

Im Familienstammbuch sind vier Patenkinder des August Felix Schuh verzeichnet:

  1. Heinrich HEIDEMANN, geboren am 26. Juli 1901 in Bochum, wahrscheinlich sein Neffe (Sohn von Schwester Antonie HEIDEMANN, geborene SCHUH)
  2. Ernst WORTMANN, geboren am 10. August 1903, nachmittags um 4 Uhr, in Bochum, später nach Essen gezogen, wahrscheinlich sein Neffe und der Sohn von Schwester Hedwig WORTMANN, geborene SCHUH.
  3. Maria Felicitas Erika LIEBERTZ, geboren am 10. Mai 1925 in Euskirchen, möglicherweise eine Nichte von Seiten der Frau.
  4. Werner Felix SCHOOR, geboren am Sonntag, 27. Juni 1937 in Essen.

Die Eltern, Großeltern, Geschwister und Patenkind der Ehefrau Maria Magdalena Liebertz

Der Gutsbesitzer und Gerber Johann LIEBERTZ wurde am 22. September 1834 in Cardorf bei Sechtem (Kardorf ist heute ein Ortsteil von Bornheim im Rhein-Sieg-Kreis) geboren und katholisch getauft. Er starb in Kardorf am 14. Dezember 1891. 1872 ehelichte er Maria Magdalena Josephine SCHMITZ (Rufname Josephine). Sie wurde am 8. Februar 1842 in Waldorf/Vorgebirge (heute Bornheim-Waldorf) geboren und katholisch getauft. Sie starb am 4. Dezember 1905, nachts 11 Uhr, in Pingsdorf bei Brühl. Der Ehe entstammen vier Kinder:

  1. totgeboren
  2. totgeboren
  3. Josef LIEBERTZ, geb. am 5. Mai 1874
  4. Maria Magdalena LIEBERTZ, geboren am 23. August 1875 (die Ehefrau, siehe oben)

Vater des Johann war der „Groß-Gutsbesitzer auf Kruskopshof“ Paul LIEBERTZ, geboren im Jahr 1789 in Kardorf und katholischer Religion. Er starb dort am 28. Juli 1835. Einer Notiz zufolge hatte er vier Söhne: Gottfried, Johann, Joseph und aus zweiter Ehe den Gerhard. Zu den Eltern des Paul ist ein Peter LIEBERTZ „auf Kruskopshof in Carsdorf“ und eine Anna GRÜSGEN verzeichnet. Paul LIEBERTZ ehelichte am 17. Januar 1823 die Barbara SCHEBEN. Sie wurde 1799 geboren, war katholischer Religion und starb am 15. Februar 1873 in Kardorf. Nach dem Tod ihres Mannes heiratete Barbara einen Peter SCHRECK, dies am 5. Juli 1836. Bei Barbara SCHRECK finden sich Notizen zu deren Eltern, denen zufolge es sich um Godfried SCHEBEN (gest. 16.10.1842) und Elise SCHÄFER (gest. 15.02.1873) gehandelt haben soll.

Der Vater von Josephine war der „Gutspächter des Ritterguts Godenhaus bei Sinzig“ Peter SCHMITZ. Er wurde am 23. Mai 1812 in Waldorf, Kreis Bonn geboren, war katholischer Religion und starb am 19. Januar 1874 in Godenhaus bei Sinzig. Mutter der Josephine war Cäcilia WOHLMEINER, geboren am 16. Februar 1816 in Waldorf, katholischer Religion und gestorben am 28. Januar 1886 in Godenhaus.

Im Familienstammbuch ist als Patenkind der Marira Magdalena Liebertz eine Magdalena LIEBERTZ, geboren im Jahr 1920, ohne weitere Angaben verzeichnet.

Der Sohn Josef Werner Schuh (geboren 4. April 1897 in Hürth, gefallen 11. April 1918 in Doulieu)

Zum Erstgeborenen Werner Schuh, der im Ersten Weltkriege in Frankreich fiel, befinden sich auf mehreren Seiten handschriftliche Notizen. Unter dem Sterbeeintrag fanden sich präzise Hinweise auf seinen letzten Ruheort: „Gefallen als Vizefeldwebel u. Offiziers-Aspirant in den Kämpfen bei Armentières am 11. April 1918, gegen Abend, im Alter von 21 Jahren. Werner liegt im Einzelgrab auf einem Acker (auf dem des Herrn Dechert-Delzenne rue de la Gloriette in Estaires/Nord) in der Höhe des Gehöftes Groot-Huis-Boom bei Doulieu bei Sailly an der Lys (Frankreich). Das Grab befindet sich etwa 1400 meter südlich Doulieu und etwa 400 meter östlich der Straße Doulieu-Estaires. Die Überreste sind am 14. Dezember 1923 durch Herrn Abbé Loridon ausgehoben und auf dem Kirchhof Bleu Tour in Steenwerck (Nord-Frankreich) umgebettet worden. Das Grab trägt die Nr. 1303.“

Auf einer weiteren Seite war zu lesen: „Das Fest der Silbernen Hochzeit ist am 4. Juli 1921 begangen worden. Leider fehlte dabei unser lieber Werner. Möge Gott uns noch viele Jahre guter Gesundheit schenken, damit wir für unsere übrigen Kinder weiterhin sorgen können.“

Weiteren Notizen zu Werner konnte die Einheit entnommen werden, das Lothringische Infanterie-Regiment Nr. 131, er diente in der 2. Kompanie: „Werner fiel im Kriege, am 11.4.1918, als Vizefeldwebel und Offiziersaspirant, im Inf. Reg. 131, 2. Komp. in Frankreich (Nord) bei Sally an der Lys, auf der Grenze zwischen Doulieu und Estaires, in der Nähe der Rue Gloriette. Seine Überreste sind umgebettet und ruhen jetzt im Einzelgrab Nr. 1303 auf dem Kirchhof Bleu Tour in Steenwerck bei Lille.“

Quellen

  1. Scans des Familienstammbuchs, https://www.dilibra.com/ahnenforschung/1386/
  2. StA Sinzig-Stadt, Heiratsregister Nr. 14/1896
  3. StA Köln-Rondorf, Geburtsregister Nr. 87/1897
  4. StA Köln-Rondorf, Geburtsregister Nr. 292/1899
  5. StA Köln-Rondorf, Geburtsregister Nr. 139/1901
  6. StA Kray, Geburtsregister Nr. 469/1911
  7. StA Essen-Kray, Sterberegister Nr. 40/1950
  8. StA Essen-Kray, Sterberegister Nr. 154/1946

2 Kommentare

  1. Hallo,
    mein Grossvater Musketier Josef Backes III , war auch beim IR 131 und wurde im April 1918 schwer verletzt,
    wird auch um den 11.4. gewesen sein. Muss ich noch nachschauen. Den Wehrpass mit den Stationen habe ich auch noch.
    Haben Sie Informationen über die Einheit insbesondere über die Operation Albion ?
    Danke im Vorraus und schöne Grüsse
    Uwe Backes

  2. Lieber Uwe,

    hab vielen Dank für Deine freundlichen und informativen Zeilen und verzeih mir bitte die späte Antwort. Die leider ernüchternd ausfällt. Ich habe kaum bis keine Expertise im Bereich Militärgeschichte. Diese ist (meiner Meinung nach) im Netz aber gut dokumentiert und nach kurzer Suche auch zugänglich.

    http://genwiki.genealogy.net/IR_131

    für militärische Themen im Zweiten Weltkrieg finde ich das https://www.forum-der-wehrmacht.de/ informativ.

    Viele Grüße

    P.S. Falls Du den Wehrpass des Josef Backes III mal einscannst oder sauber abfotografierst, würde ich den gern meiner digitalen Bibliothek hinzufügen.

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